STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort MARKUS HÄUSLER

JG. 1893
VERHAFTET 9.9.1939
'SCHUTZHAFT'
SACHSENHAUSEN
ERMORDET 14.2.1940

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Verlegeort SIMA HÄUSLER

GEB. KREINDLER
JG. 1900
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

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Verlegeort ISRAEL HÄUSLER

JG. 1928
FLUCHT 1939 HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1944
BERGEN-BELSEN
BEFREIT

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Verlegeort RECHA HÄUSLER

JG. 1930
FLUCHT 1939 HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1943
SOBIBOR
ERMORDET 23.7.1943

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Verlegeort ESTHER HÄUSLER

JG. 1932
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

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Verlegeort MEIER HÄUSLER

JG. 1936
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

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Verlegeort MALI HÄUSLER

JG. 1938
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
ERMORDET

Verlegung 6. März 2023, Verlegeort: Weberstr. 32 (Haus existiert nicht mehr, verlegt Höhe Parkplatz Weberstr., Mittig wischen den Kreuzungen Weberstr./Beskenstr. u. Weberstr./Augustastr.)

Aus Polen kamen sie ins Ruhrgebiet, ließen sich in Gelsenkirchen nieder und gründeten hier Familien: Die Brüder Markus und Sacher Häusler. Zunächst verlegen wir Stolpersteine für den Familienzweig von Markus Häusler, Sacher Häuslers Familie soll im nächsten Jahr (2024) Stolpersteine bekommen - zwischenzeitlich haben sich auch für diese Stolpersteine Paten gefunden.

* * *

Recha Häusler aus Gelsenkirchen

Abb.1: Recha Häusler. Das Kind wurde nur dreizehn Jahre alt, Recha wurde im Vernichtungslager Sobibor ermordet.

Der Kaufmann Markus Häusler, am 21. März 1893 in Rozniatow / Polen geboren, war mit Sima, geborene Kreindler (früher geb. Flescher), geboren am 12. Dezember 1900 in Stanislawow / Galizien verheiratet. Aus der Ehe gingen fünf in Gelsenkirchen geborene Kinder hervor: Israel, geboren 14. November 1928, Recha, geboren 4. Juli 1930, Esther, geboren 21. August 1932, Meier, geboren 8. September 1936 und Mali, geboren 1. Februar 1938. Einzig Sohn Israel, der sich später nach der Befreiung Israel Yaoz( Bedeutet übersetzt: "Mut haben") nannte, erlebte seine Befreiung in Bergen-Belsen, alle anderen Familiemitglieder gehörten nicht zu den Überlebenden des Holocaust.

Die zum orthodoxeren Teil der Gelsenkirchener Juden gehörende Familie von Markus Häusler lebte eher karg von der kleineren Handelstätigkeiten des Vaters. Markus Häusler betrieb in Gelsenkirchen eine Agentur für eine Textilfirma. Auch sein Geschäft wurde nach 1933 boykottiert und musste 1938 im Zusammenhang mit den gegen Juden gerichteten Novemberpogromen 1938 endgültig schließen.

Diese so genannten „Ostjuden", von denen 1933 etwa 56.000 in Deutschland und hier besonders im Ruhrgebiet lebten, behielten aufgrund der gesetzlichen Regelungen in Nazi-Deutschland ihre dann ablaufende polnische Staatsangehörigkeit. Aufgrund der komplizierten Fragen um die Staatsangehörigkeit und die Erlangung von Ausreisegenehmigungen war es gerade dieser Gruppe von Juden oft kaum möglich, aus dem nationalsozialistischen Deutschland zu fliehen.

Markus und Sima war es 1939 noch gelungen, den beiden ältesten Kindern Israel und Recha die Flucht nach Holland zu ermöglichen. Markus Häusler wegen seiner polnischen Herkunft am 9. September 1939 verhaftet, in so genannte 'Schutzhaft' genommen und in der Folge am 22. November 1939 in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Dort wurder wurde am 14. Februar 1940 ermordet. Nachdem ihr Mann verhaftet worden war, blieb Sima alleine mit den Kindern In Gelsenkirchen zurück. Sie und die drei Kinder mussten dann zwangsweise in eines der Gelsenkirchener Ghettohäuser ('Judenhäuser') an der Schalker Str. 49 ziehen. Am 31. März 1942 wurden sie in das Ghetto Warschau deportiert. Dort wurden Sima Häusler und ihre Kinder Esther, Meier und Mali zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.

Letzte Lebensspuren: Postkarten

Sima Häusler schreibt diese Postkarte im Ghettohaus ('Judenhaus') an der Schalker Str. 49 in Gelsenkirchen

Abb. 2: Sima Häusler schreibt diese Postkarte im Ghettohaus ("Judenhaus") an der Schalker Str. 49 in Gelsenkirchen an ihren Bruder

Sima Häusler schreibt am 29. März 1942 diese Postkarte - zwei Tage vor ihrer Deportation aus Gelsenkirchen in das Ghetto Warschau

Abb. 3: Sima Häusler schreibt am 29. März 1942 diese Postkarte - zwei Tage vor ihrer Deportation aus Gelsenkirchen in das Ghetto Warschau

Ihren Absender gibt Sima Häusler mit Warschau, Gartenstraße 27 an, dass ist das Sammellager im Warschauer Ghetto. Datum des Poststempels:  9. Juli 1942

Abb. 4: Ihren Absender gibt Sima Häusler mit Warschau, Gartenstraße 27 an, dass ist das Sammellager im Warschauer Ghetto. Datum des Poststempels: 9. Juli 1942

Im Auftrag von Sima Häusler wird diese Postkarte aus Warschau an Simas Bruder  gesendet, Poststempel: 30. Juni 1942

Abb. 5: Im Auftrag von Sima Häusler wird diese Postkarte aus Warschau an Simas Bruder gesendet, Poststempel: 30. Juni 1942

Postkarte von Israel Häusler aus dem 'Aufenthaltslager'- eine SS-Tarnbezeichnung - KZ Bergen-Belsen. Die KZ-Gefangen wurden gezwungen, Texte dieser Art zu verfassen, um die tatsächlichen Zustände im KZ zu verschleiern.

Abb.6: Postkarte von Israel Häusler aus dem "Aufenthaltslager"- eine SS-Tarnbezeichnung - KZ Bergen-Belsen. Die Gefangenen wurden gezwungen, diese Texte zu verfassen.

Nach der Besetzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland wurden auch die niederländischen Juden bzw. die in den Niederlanden lebenden deutschen Juden in die Vernichtungslager deportiert. Im Sommer 1943 wurden auch die beiden Kinder Israel und dessen Schwester Recha Häusler im so genannten Durchgangslager Westerbork interniert. Recha wurde mit einem Folgetransport in das Vernichtungslager Sobibor verschleppt und dort ermordet. Von der Familie überlebte nur der älteste Sohn Israel. Er wurde im KZ Bergen-Belsen befreit. Danach kehrte er zurück in die Niederlande. Dort fand er bei einer überlebenden Familie die Möglichkeit, noch die Schule abzuschließen. 1948 emigrierte Israel Yaoz aus den Niederlanden nach Israel. Viele Jahre standen wir mit Israel Yaoz im Dialog. Er begrüsste unser Vorhaben, für die Familie Häusler in Gelsenkirchen Stolpersteine zu verlegen.

Die Patenschaft für den Stolperstein, der an Israel Häusler erinnern wird, hat Joachim Hahn, die Stolpersteine für Markus, Sima, Recha, Esther, Meier und Mali Häusler hat die ver.di Jugend NRW übernommen.

Quellen:
Gedenkbuch Bundesarchiv,
Deportationslisten jüdische Kultusgemeinde Gelsenkirchen
Einwohnerkartei Gelsenkirchen, ISG
Volkszählung 1939, www.mappingthelives.org
Yad Vashem
Arolsen Archives
Ebda., Copy of 1.1.3.1 / 3395802 - Listenmaterial Bergen-Belsen / Überlebende
Ebda., Copy of 1.2.3.6 / 12532968
Ebda., Copy of 1.1.38.1 / 4094581 - Listenmaterial Sachsenhausen / Veränderungsmeldungen
Ebda.; Copy of 1.1.38.1 / 4084719 - Listenmaterial Sachsenhausen
Ebda.,Copy of 6.3.3.2 / 102234312 Korrespondenzakte
https://www.joodsmonument.nl/en/page/154809/recha-hausler (Abruf 1/2023)
Mapping the Lives - Ein zentraler Erinnerungsort für die Verfolgten in Europa 1933-1945: https://www.mappingthelives.org (Abruf 1/2023)

Abbildungen:
[1+6] Privatbesitz Israel Yaoz sel.A., mit freundlicher Genehmigung
[2-5] Yad Vashem

Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Januar 2023

Stolpersteine für Markus, Sima, Israel, Recha, Esther, Meier und Mali Häusler, verlegt am 6. März 2023 in Gelsenkirchen

Stolpersteine Gelsenkirchen - Familie Markus, Sima, Israel, recha, Esther, Meier und Mali Häusler


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen, 3/2023

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