STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN
Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945

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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen
SS-Helferinnenkorps

Abb.: Anwerbungsanzeige für SS-Helferinnenkorps
Das SS-Helferinnenkorps war eine Organisation für Frauen innerhalb der nationalsozialistischen Waffen-SS. Anders als die Frauen im SS-Gefolge, die nur Zivilangestellte der SS waren, waren die SS-Helferinnen (auch "SS-Maiden") Angehörige der Waffen-SS.
Das SS-Helferinnenkorps wurde 1942 gegründet und unterstand direkt dem SS-Hauptamt. Es setzte sich ausschließlich aus freiwillig gemeldeten Frauen zusammen, die einen strengen Auswahlprozess bestanden hatten. Die Mitglieder wurden auf der 1942 neu gegründeten Reichsschule-SS in Oberehnheim im Elsass ausgebildet. Nach bestandenem Grundlehrgang wurden sie in die Waffen-SS übernommen und trugen als sichtbares Merkmal ihrer Zugehörigkeit die SS-Runen an ihrer Uniform. Die Ranghierarchie innerhalb des Helferinnenkorps entsprach jedoch nicht direkt der der SS.
Das höchste Amt, das eine Frau im Helferinnenkorps bekleiden konnte, war Reichsbeauftragte im SS-Helferinnenkorps; es wurde seit seiner Einrichtung Anfang 1943 von der hauptamtlichen BDM-Führerin Ilse Staiger besetzt. SS-Helferinnen dienten überwiegend als Nachrichten- und Stabshelferinnen überall im Deutschen Reich sowie in den besetzten Gebieten, darunter auch in Konzentrationslagern und im Reichssicherheitshauptamt, und bedienten Funk-, Telefon- und Fernschreibanlagen. Insgesamt besuchten 2765 Frauen die Reichsschule-SS im Elsass, von denen letztendlich 2375 als SS-Helferinnen Angehörige der Waffen-SS wurden.
Während sich manche der meist aus Mittelschichtsfamilien stammenden Frauen und Mädchen aufgrund ideologischer Überzeugung bei der SS bewarben, strebten andere vor allem eine besser bezahlte und mittelfristig gesicherte Anstellung an; hinter der Bereitschaft zum "auswärtigen Einsatz" in den SS- und Polizeidienststellen der besetzten Gebiete konnte neben allgemeiner "Abenteuer- und Reiselust" auch das Bedürfnis stehen, dem Ehemann zu folgen. Bei aller Vielschichtigkeit der Motive ist jedoch eine grundsätzliche Identifikation mit dem politischen System anzunehmen. In SS-, SD-, Polizei- und Parteieinheiten wurden die Frauen unausweichlich zu "Mitwisserinnen" des NS-Terrors. Im konkreten juristischen Sinne sind Tatbeteiligung und Mitwisserschaft der Frauen zumeist nicht zu klären. Die nachrichtliche Übermittlung von Befehlen und Berichten gehörte jedoch zum Arbeitsalltag der Frauen, entsprechend dürfte das rassistische Mordprogramm zumindest zu ihrem Kenntnisstand gehört haben, dennoch wurden die SS-Helferinnen größtenteils nicht belangt
Nach 1945 formulierten die ehemaligen SS-Helferinnen verschiedene Entlastungsstrategien: Man sei dienstverpflichtet worden, habe von den Verbrechen der SS nichts gewusst oder sei allein deswegen unschuldig, da das weibliche Geschlecht per se unpolitisch sei. Auch wenn man in Rechnung stellt, dass die jungen Frauen durch die Sozialisierung im Nationalsozialismus nicht zur Übernahme von Verantwortung erzogen wurden, stellt das gänzlich unkritische Selbstbild, das sich die SS-Helferinnen nach 1945 über ihr Mitwirken im bürokratischen Apparat der verbrecherischen Organisation SS schufen, einen Schlag ins Gesicht der Opfer der nationalsozialistischen Gewalt dar.
Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. November 2024.
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