STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Polizeiamtsleiter Dr. Rudolf Altmann

Dr. Rudolf Altmann, der Leiter des staatlichen Polizeiamtes Gelsenkirchen in den Jahren 1938/39, war nicht ganz der typische Vertreter des Beamten- bzw. Polizeiapparates des „Dritten Reiches". Er war am 5. September 1906 in Berlin geboren worden und entstammte einer preußisch-protestantischen Beamtenfamilie. Sein Vater war Amtsrat im Reichspostministerium. In Berlin-Pankow besuchte Rudolf Altmann das Realgymnasium, das er am 22. September 1924 mit der Reifeprüfung abschloß. Gleich im Wintersemester 1924/25 begann er mit dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Im Sommersemester 1927 wechselte er an die Philipps-Universität in Marburg, wo er am 19. Dezember 1928 die erste juristische Prüfung bestand. Seine Jura-Ausbildung schloß Rudolf Altmann mit der großen juristischen Staatsprüfung am 28. November 1932 nach etwa dreijähriger Tätigkeit als Gerichtsreferendar, vom 17. Januar 1929 bis 2. Dezember 1932, am Arbeitsgericht Berlin und am Landgericht Berlin-Charlottenburg ab.

Schon sehr früh, und das unterschied Rudolf Altmann auch von vielen späteren Karrierebeamten, orientierte er sich politisch an rechtsextremistischen Organisationen und dann an den Nationalsozialisten. Schon 1925 gehörte er zum Großdeutschen Jugendbund, und 1931/32 schloß er sich dem Freiheitsbund der Hitler-Bewegung an. Am 1. Mai 1932 trat Rudolf Altmann der NSDAP bei. Trotz dieses frühen politischen Bekenntnisses machte Altmann keine so steile Karriere in der öffentlichen Verwaltung oder in den neuen von den Nationalsozialisten geschaffenen Sonderorganisationen, wie sie ansonsten gerade viele Juristen im Nationalsozialismus machten. Er ließ sich zunächst am 5. März 1934 als Rechtsanwalt in Liegnitz nieder und fand die Zeit, am 16. August 1934 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Marburger Universität zu promovieren. Weiterhin arbeitete er 1934/35 als Gerichtsassessor und probeweise als Hilfsrichter beim Amtsgericht in Berlin-Pankow. Am 1. Juli 1935 gelang Dr. Rudolf Altmann dann endlich der Einstieg in den staatlichen Verwaltungsdienst. Zunächst wurde er im Landratsamt in Itzehoe tätig. Von dort wechselte er am 16. Juli 1937 in das Polizeidezernat beim Regierungsbezirk Wiesbaden.

Gewissermaßen innerhalb der Polizei ging Dr. Rudolf Altmann dann zum 1. Mai 1938 als Leiter zum Polizeiamt nach Gelsenkirchen, das dem Polizeipräsidenten in Recklinghausen unterstand. Mittlerweile war er, wie allgemein üblich, Mitglied zahlreicher weiterer NS-Organisationen geworden, beispielsweise bei der SA (1935-1937), bei der NSV (ab 1934), seit 1938 schwebte sein Aufnahmeverfahren in die SS. Eine weitere Beamtenkarriere wurde dann abgebrochen, weil er am 24. September 1939 zur Wehrmacht einberufen wurde. Kurz zuvor hatte er am 5. Mai 1939 geheiratet. Während am 15. März 1940 sein erster Sohn und am 16. April 1944 sein zweiter Sohn geboren wurden, blieb Dr. Rudolf Altmann bei der Wehrmacht, zuletzt als Oberleutnant. Kurz vor dem endgültigen Untergang des „Dritten Reiches" kam Rudolf Altmann am 18. April 1945 um.

Quelle: Stefan Goch "Mit einer Rückkehr nach hier ist nicht mehr zu rechnen" - Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während des "Dritten Reiches" im Raum Gelsenkirchen, Essen 1999. Polizeiamtsleiter Dr. Rudolf Altmann, S.39-40.


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Juli 2017.

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