STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN
Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945

← Die Dabeigewesenen - J-M
Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen
Musterbetrieb (NS-Sozialpropaganda)
Seit 1937 wurde im Rahmen des am 29. August 1936 von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) ins Leben gerufenen Leistungskampfs der deutschen Betriebe die Auszeichnung "nationalsozialistischer Musterbetrieb" verliehen. Den Beschäftigten wurde mit dem Leistungskampf soziale Gerechtigkeit propagiert und damit gleichzeitig für die DAF geworben. Durchgeführt wurde der Wettkampf vom "Amt für soziale Selbstverantwortung" der DAF. Die Ehrungen durch Adolf Hitler fanden jährlich am 1. Mai, dem "Tag der nationalen Arbeit", statt. Ein Jahr lang führten die prämierten Betriebe daraufhin die Goldene Fahne der DAF. Die Beschäftigten nahmen die damit verbundenen sozialen Verbesserungen zwar gern an, die Teilnahme an den Leistungskämpfen bedeutete aber oft nur verstärkte Arbeitshetze und nunmehr erhöhten Druck von der Unternehmensleitung und der DAF.
Die Erarbeitung der Kriterien für einen NS-Musterbetrieb lagen bei der DAF. Sie legte die Beurteilungsgrundsätze zu Schönheit der Arbeit, Freizeitorganisation, Berufsausbildung und zur Gestaltung der Betriebsgemeinschaft aus Betriebsführer und Gefolgschaft zu sogenannten Werkscharen fest.
Bei den folgenden Leistungskämpfen rückte immer stärker wegen der Umstellung auf Kriegsproduktion die Leistungssteigerung der Volkswirtschaft in den Vordergrund. 1940/41 nannte der Kriterienkatalog Arbeitsdisziplin, keine Bummelschichten, einen voll ausgebildeten Zellenapparat der DAF, Werkscharen und höchstmögliche Leistung.
Speziell zur Integration kleinerer Betriebe vergab die DAF seit Mai 1937 zusätzliche Leistungsabzeichen, wie zum Beispiel "für vorbildliche Gesundheitsfürsorge", "vorbildliche Berufserziehung", Wohnungsbau, soziale Werksfürsorge, Förderung von Kraft durch Freude (KdF) sowie das "Gaudiplom für hervorragende Leistungen". Bei den Kriterien für diese Abzeichen traten die politischen Zielsetzungen der DAF deutlicher ans Licht. Beurteilt wurden der Ausbildungsablauf, die Ausbilder und deren Zusammenarbeit mit der DAF und der Hitlerjugend (HJ), die weltanschauliche Schulung, die ganzheitliche Betreuung durch Erfassung der Jugendlichen in der Freizeit und bei Gestaltung des Urlaubs, die Ausbildungsstätte und die Maschinen sowie die erfolgreiche Teilnahme am Reichsberufswettbewerb.
Die Haltung der Betriebe gegenüber dem Leistungskampf war unterschiedlich. Die kleinen Betriebe mussten sich mit der DAF arrangieren, um Pressionen aus dem Weg zu gehen. Die Betriebe der Groß- und der Rüstungsindustrie besaßen dagegen eine so herausragende Stellung, dass sie sich durch die DAF nicht unter Druck setzen ließen. Viele lehnten die Teilnahme am Leistungskampf wegen der Einsichtsmöglichkeit der DAF in die betriebswirtschaftlichen Unterlagen ab.
Insgesamt war ein stetiger Anstieg der Bewerber beim Leistungskampf zu verzeichnen. Bis 1940 wurden zusammen 297 Betriebe zu NS-Musterbetrieben gekürt und in den folgenden Jahren in der Regel bestätigt. Zu keinem Zeitpunkt erreichte die Beteiligung am Leistungskampf aber das von der DAF verkündete Ziel der Vollständigkeit. ( Erstveröffentlichung Klaus Weber, © Deutsches Historisches Museum, Berlin. Text: CC BY NC SA 4.0)
In der NS-Zeit wurden auch einige Gelsenkirchener Unternehmen von der DAF als "Musterbetrieb" ausgezeichnet, ein Instrument der Sozialpropaganda. Exemplarische NS-Propaganda-Artikel in der lokalen Presse - hier in der GAZ (Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung) am Beispiel von Fleischwarenfabrik Aldenhoven, Metallwerke Wildfang und Metallwerke Gebr. Seppelfricke. Die "Deutschen Arbeitsfront" DAF und die "NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude" KdF wurden als verbrecherische Organisationen nach der Befreiung vom Faschismus aufgelöst.

Abb.1: Eine Mengmaschine für Wurstfüllsel (Aufnahme: Müller) in der Fleischwarenfabrik Aldenhoven - "NS-Musterbetrieb" in Gelsenkirchen, Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung v. 31. März 1939, Abschrift:
Besuch in einem Musterbetrieb
Eine Gelsenkirchener Fleischwarenfabrik Gausieger im Handwerks-Wettkampf
Ein Handwerk und seine Aufgaben
Alljährlich treffen sich die Schaffenden Deutschlands zum Reichsberufswettkampf und die Betriebe wetteifern in dem Streben, ihre Werkstatten zu modernisieren, ihre Werkstätten auf die neuen Aufgaben im Hinblick auf den Vierjahresplan auszurichten — und auch das Handwerk rief seine Meister, Gehilfen und Lehrlinge auf, in einen Leistungskampf einzutreten. Im Handwerkswettkampf1939 sicherte sich ein Gelsenkirchener Unternehmen auf Vorschlag der Prüfungskommission in der Gruppe Naherungsmittel-Handwerke, Berufsgruppe Fleischer, den Sieg im Gau Westfalen-Nord, und damit wurde der Beweis erbracht, daß Gelsenkirchen auch auf diesem Gebiete eine führende Stellung einnimmt.
Wir machten in dem ausgezeichneten Betrieb — Heinrich Aldenhoven u. Co., Fleischwarenfabriken — einen Besuch. Aus einer Metzgerei ist im Laufe der Jahre ein mit allen modernen Maschinen arbeitender Betrieb geworden, dem aber die charakterlichen Merkmale des Handwerks das Gepräge geben. Wohin man schaut, überall blitzt es vor Sauberkeit: blank die Fliesen der Fußböden und der Wände, blinkend die Emaille und der Stahl an den Maschinen, die in Reih und Glied stehen, möglichst so geordnet, daß die Arbeit von einer zur anderen "fließen" kann.
Im Vorwärtsschreiten erfahren wir von den Inhabern des aus kleinen Anfängen emporgewachsenen Betriebes: "An der Auszeichnung durch die Prüfungskommission ist die ganze Gefolgschaft bis zum jüngsten Lehrling beteiligt, und es ist selbstverständlich, daß wir alle stolz auf das Lob sind, das in der Auszeichnung liegt. Wenn ein Betrieb vor allen anderen in einem Gau bescheinigt bekommt, daß seine Arbeit die beste sei, so will das schon etwas bedeuten! Es dreht sich bei der Beurteilung eines Wurstwarenbetriebes ja nicht nur darum, ob die Ware einwandfrei ist, es kommt auch auf ihr Aussehen, auf ihre Preiswürdigkeit an, es findet auch die Frage Berücksichtigung, ob der betreffende Betrieb im Sinne des Vierjahresplanes arbeitet, was er an sozialen Einrichtungen geschaffen hat usw.“
Man kann sich keinen rechten Begriff davon
machen, wie die Aufgaben geartet sind, die der
Vierjahresplan an eine Fleischwarenfabrik stellt
Auch diese Frage findet ihre schnelle Beantwortung: "Da ist das erste Stichwort: Schadenverhütung. Auch in den Metzgerei- und Fleischereibetrieben fiel manch Wertvolles unter den Tisch. Auch in diesem Beruf ist man dazu übergegangen, das Letzte aus dem zu verarbeitenden Material herauszuholen, ohne daß die Güte der einzelnen Erzeugnisse eine Einbuße erleidet. Da haben wir z. B. eine Maschine, die den Knochen Fett und Leim entzieht; beide "Nebenprodukte" haben ihren hohen Wert. Drüben steht eine Blutzentrifuge, in der dem Blut Eiweißstoffe entzogen werden: dieses Eiweiß kann bei der Herstellung feinster Wurstsorten Verwendung finden....
Im Sinne des Vierjahresplanes liegt auch
eine "Vorauswirtschaft“, ein Sicheinrichten
auf Zeiten, in denen eine natürliche Fleisch-
verknappung eintritt.
Diese Verknappungen treten stets dann ein, wenn die Wiesen grün werden, wenn das Vieh auf die Weiden getrieben wird. Hier mästet es sich sozusagen "von selbst“, und im Herbst kommen die Tiere einige Zentner schwerer wieder in die Ställe. Diese natürlichen Verknappungen gilt es durch die„Vorauswirtschaft" zu überbrücken, und zwar geschieht das durch Konservierungvon Fleisch und Wurstwaren. Diese Rücklagen stehen bei irgendwelchen Verknappungen in ausreichendem Maße zur Verfügung, und ihre Beschaffenheit hält jeden Vergleich mit frischen Fleischund Wurstwaren aus. Im Sinne des Vierjahresplanes ist es auch, wenn die Fleischereien und Fleischwarenfabriken über gute Kühlanlagen verfügen, die jeden Schaden innerhalb des Betriebes und der Verkaufsräume ausschalten.
Man interessiert sich für einige Zahlen, die
die "Sparwirtschaft" der Fleischwarenbetriebe
besonders kennzeichnen:
"Es ist eine alte Erfahrung, daß in Zeiten, in denen das eine oder andere Erzeugnis einmal nicht in vollkommen ausreichendem Maße auf dem Markt ist, unsere Hausfrauen ein bißchen nervös werden. Wir brauchen uns auch nichts vorzumachen: es wurde in Deutschland im letzten Jahre sicherlich kein Stück Vieh mehr geschlachtet, als notwendig war. Und dennoch hat die dem Verbrauch zur Verfügung gestellte Fleischmenge im letzten Jahre um über eine Million Doppelzentner zugenommen, und im Durchschnitt stieg der Fleischverbrauch vom Jahre 1937 bis 1938 je Kopf der Bevölkerung von 57,07 Kilogramm auf 57,79 Kilogramm, — was wohl nur dadurch möglich war, daß man die zur Verfügung gestellten Mengen besser ausnutzte.
Während des Gesprächs sind wir durch die verschiedensten Abteilungen gekommen. In einem großen, sauberen Raume stehen Maschinen, in denen gerade ein Fleischteig bereitet wird. Wir werden auf eine ziemlich kleine, unscheinbare Maschine aufmerksam gemacht, die in der Lage ist, in kürzester Zeit unwahrscheinlich große Mengen Wurst zu füllen, — Druckfüller nennt sich diese Maschine. Eine andere Maschine ist imstande, in einer Stunde 500 Cornedbeef-Dosen zu verschließen. Im gleichen Raume stehen die Kessel, in denen die Wurst ihrer Vollendung entgegengeht....
In einem anderen Raume sehen wir einen modernen Wiegeblock, auf dem das Fleisch durch eine Reihe feststehender Messer auf einem langsam rotierenden Block zerkleinert wird.... "Wir bezogen früher
große Mengen an Darm aus dem Ausland und gaben dafür ansehnliche Devisenbestände aus. Durch die Verwendung des Kunstdarmes — aus Papier oder Zellglas — haben wir uns vom Auslande freigemacht
Ueberall trifft das Auge auf fertige oder halbfertige Erzeugnisse, auf Wurstwaren, Speckseiten, Schinken.... Wir machen einen Besuch in den Räuchertürmen, in denen Dauerwurst, Schinken und Speck ihren letzten Schliff erhalten. Die Vorratskammern sind mit blauem Glas abgedämpft und auf Kühltemperatur gehalten, die einer besonderen Maschine entstammt. ...
Zum Schlusse wollen wir noch etwas über die Abnehmer des Unternehmens erfahren...."Wir beliefern im Durchschnitt 200 Geschäfte des Ruhrgebietes mit unseren drei Lieferwagen,— besonders große Mengen Cornedbeef wurden zum "Westwall" geliefert, und das war uns durchaus möglich, weil wir darauf eingestellt sind, nötigenfalls bis zu 100 Zentner dieser und anderer Wursterzeugnisse herzustellen..."
Man wirft noch einen Blick in die Umkleide-, Wasch- und Aufenthaltsräume für die Gefolgschaftsmitglieder und kann auch hier feststellen, daß im Gelsenkirchener Handwerk das Streben nach Schönheit am und um den Arbeitsplatz sein gebührendes Echo gefunden hat, und wir sind davon überzeugt, daß in den meisten Gelsenkirchener Betrieben mit gleicher Sauberkeit und gleicher Sparsamkeit gearbeitet und gewirtschaftet wird....
* * *
Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung v. 4. Mai 1940, Abschrift:
Auszeichnung für soziale Leistungen
Gelsenkirchener Betriebe, die für ihre Betreungsarbeit wertvolle Anerkennung fanden
Trotz der Kriegsverhältnisse beteiligten sich auch in diesem Jahre wieder zahlreiche Gelsenkirchener Firmen am Leistungskampf der Betriebe, dem dritten von der Deutschen Arbeitsfront veranstalteten friedlichen Wettstreit. Auch in diesem Jahre standen bei der Schlußkundgebung in Münster am Vorabend des 1. Mai mehrere Gelsenkirchener Betriebsführer unter den Auserwählten, die aus der Hand des Gauleiters Anerkennung und Auszeichnung für vorbildliche Leistungen in Empfang nehmen konnten. Wir freuen uns über den Erfolg, den diese beimischen Betriebe bei ihrem Streben nach besten Betriebs- und Gefolgschaftsverhältnissen verzeichnen dürfen und nahmen gern die Gelegenheit wahr, uns einmal mit diesem oder jenem ausgezeichneten Betriebe etwas näber zu befassen.
Die Metallwarenfabrik Albert Wildfang in Schalke gehört zu jenen Betrieben, die stets bemüht waren, das Wohlergehen ihrer Gefolgschaften sicherzustellen. Dieses Bestreben wurde bereits vor zwei Jahren durch die Gauwaltung der DAF. anerkannt, die dem Werk das "Gaudiplom für hervorragende Leistungen" überreichte. Beim jetzigen Leistungskampf wurde die Auszeichnung nicht nur erneut verlieben, sondern darüber hinaus das Werk mit dem "Leistungsabzeichen für vorbildliche Sorge um die Volksgesundbeit" bedacht.
Diese neue Anerkennung seiner sozialen Arbeit verdankt die Firma der umfassenden gesundheitlichen Fürsorge, die sie der Gefolgschaft angedeihen läßt. Zur Ueberwachung des Gesundheitszustandes aller Werksangehörigen ist ein Arzt zur ständigen Mithilfe berangezogen, der jedes neu eintretende Gefolgschaftsmitglied untersucht und in regelmäßigen Abständen sämtliche Werksangehörige unter die Lupe nimmt. Der Forderung nach Vorbeugung und nicht nach Heilung dient auch die soziale Betriebsarbetterin. Betriebsarzt und soziale Betriebsarbeiterin führen in Zusammenarbeit eine Gesundheitskartei der Belegschaft. Darüber hinaus ist noch zu erwähnen, daß zum Betreutenkreis auch die Familien der Werksangehörigen gebören: bei Familienzuwachs gewährt das Werk eine Unterstützung.
Auch die "Olex" in Rotthausen
kann erneut einen Erfolg vom dritten Leistungskampf der Betriebe melden. Erneut wurde ihr das "Gaudiplom für hervorragende Leistungen" zugesprochen. Weiter erhielt sie diesmal das "Leistungsabzeichen für vorbildliche Förderung von "Kraft durch Freude". Stets hat die Firma den Zielen der DAF.-Arbeit größtes Interesse entgegengebracht. Was die jetzt erteilte Auszeichnung angeht, so erreichte die freudige Mitarbeit der Betriebsleitung eine starke und spontane Anteilnahme der gesamten Gefolgschaft an den KdF.-Bestrebungen. Man nahm geschlossen an den kulturellen und sonstigen Veranstaltungen teil, veranstaltete gemeinsame Ausflüge und führte in dem schmucken Gemeinschaftsraum Schulungsabende und Feierstunden durch. Bei der Teilnahme an KdF.-Fahrten erfreuten sich die Gefolgschaftsmitglieder des zeitlichen und geldlichen Entgegenkommens der Firma.
Die Parfümerie und Seifen-Großhandlung Ernst Becker,
die jetzt das "Gaudiplom für hervorragende Leistungen" erhielt, kann schon auf mehrere Auszeichnungen binweisen. 1938 wurde ihr die "Anerkennungsurkunde für nationalsozialistische Musterbetriebe" und 1939 das "Leistungsabzeichen für vorbildliche Förderung von "Kraft durch Freude" zuteil. Der Betrieb sorgsamste soziale Betreuung seiner Angetellten zur Aufgabe gemacht und unermüdlich seit Gründung des Unternedmens im Jahre 1923 den danken der Betriebsgemeinschaft gepflegt. Der Gefolgschaft stehen helle und saubere Garderobe- und Wasch räume zur Verfügung. Ein gemütlich und geschmackoll eingerichteter Gemeinschaftsraum bietet Möglichkeit zu schönen Feierstunden. Die großen nationalen Feiern und Gedenkstunden werden gemeinsam in der Wohnung des Betriebsinhabers verlebt. Manche Stunde nach Feierabend wird bei gemeinsam gesungenen Liedern und Handarbeiten verbracht. Eine das ganze Jahr über geführte Ferienkasse trägt dafür Sorge, daß jeder Angestellte die verdiente Urlaubsreise durchführen kann. So hat sich im Laufe der Jahre aus innerster Bereitschaft beider Teile das denkbar beste Einvernehmen zwischen Geschäftsführung und Personal herausgebildet, so daß die Betriebsordnung nur das wiederzugeben hat, was längst freiwillig zum Gesetz erhoben wurde.
Der alteingesessenen Hülsmühle Heinrich Bonnkamp,
die zweimal mit einer Anerkennungsurkunde aus dem Leistungskampf beimkehrte, gelang diesmal der große Wurf: das "Gaudiplom für vorbildliche Kleinbetriebe". Das Geschäft, das vor allem Roggenmüllerei und Futtermittelhandel betreibt, ist seit 1830 im Besitz derselben Familie und hat so das ganze Wachstum Gelsenkirchens miterlebt. Seine stete Bemühung um gute soziale Verhältnisse hat jetzt die verdiente Anerkennung gefunden.
Die erneute Verleihung des "Gaudiploms für hervorragende Leistungen" kann auch die
Firma Sprenger
verzeichnen. Wiederum wurde die hervorragende soziale Arbeit anerkannt, die sich auf allen Gebieten der Gefolgschaftsbetreuung äußert: Urlaubsvergütung, Urlaubsgewährung über das gesetzliche Maß, besondere Zuwendungen in Krankheitsfällen, vorzügliche Ausstattung der Aufenthaltsräume, Veranstaltung von Kameradschaftsabenden und Bildung einer Betriebssportgemeinschaft usw..
Außer dem RWE., das ebenfalls im diesjährigen Leistungswettkampf das "Gaudiplom für hervorragende Leistungen" übereicht erhielt, wurden die im Vorjahr mit derselben Auszeichnung bedachten Gelsenkirchener Betriebe erneut bestätigt.
* * *
Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung v. 6. September 1940, Abschrift:
Gauleiter Dr. Meyer bei der Gefolgschaft Wildfang
Weihe einer neun Werkshalle / Aus kleinsten Anfängen zum Großunternehmen und Musterbetrieb
Ehrung verdienter Mitarbeiter
"Das deutsche Volk wird den Sieg errin gen, und dieser Sieg wird der Anfang des Friedens und Glückes in Europa sein!"
Gauleiter Dr. Meyer in Gelsenkirchen! Wie schon so oft batte diese Ankündung dazu geführt, die Herzen höher schlagen zu lassen, gilt der Gauleiter bei seiner angen Wirksamkeit in unserer Stadt doch als einer der Unseren. Daher ist es nur natürlich, daß Dr. Meyer besonders aus der Zeit, als er hier unter den schwierigsten Verhältnissen die Herzen gewann für den Nationalsozialismus, sich ein unvergängliches Andenken erwarb. Dieses Gefühl hatte, auch die Gefolgschaft der Firma Albert Wildfang, der vor einigen Tagen mitgeteilt werden konnte, daß aus Anlaß des Betriebsappells der Gauleiter käme. Es war ein besonderer Anlaß, der den Gauleiter hierher führte. Galt es doch, einen weiteren Markstein in der Geschichte dieses nunmehr zu den Großwerken der Stadt gehörenden Werkes zu setzen: die Inbetriebnahme der neuen großen Maschinenhalle.
Das neue Werk
Trotz des Krieges unternahm der Inhaber der Firma, Herr Albert Wildfang es, vor einer Reihe von Monaten den Gedanken der Vergrößerung des Werkes auszuführen. Die weitere Ausdehnung war von innen heraus notwendig geworden.
Ein Blick zurück : aus der kleinen Schmiede aus elterlichem Besitz wurde eine Werkstatt mit etwa einem Dutzend Arbeitern. Wagnis und Klugheit erzwangen größere Werkstätten und damit wuchs die Zahl der Arbeiter. Auch ein durchgreifender. Um und Ausbau vor zwei Jahren genügte den Anforderungen nur zum Teil.
Eine Ausdehnung im alten Gebäudekomplex war nicht mehr möglich, da jeder Quadratmeter voll ausgenutzt worden war. Hindernd stand der Ausdehnung an der alten Stelle die Tannenbergstraße entgegen. Wohl war zur Zeit des Umbaues ein Teil der Tannenbergstraße stillgelegt worden, aber nunmehr konnte eine Ausdehnung nur erfolgen, wenn über die Tannenbergstraße hinweg Gelände vom städtischen Lagerplatz erworben werden konnte.
Diese Lösung, die einzige, die ein Verbleiben des Betriebes an alter Stelle möglich machte, konnte Dank des Entgegenkommens der Stadtverwaltung berbeigeführt werden. Damit war aber auch der Beginn der Arbeit zur neuen Großen Maschinenhalle gegeben. Und diese Arbeit wurde begonnen trotz des Krieges. Ausdauer und eiserner Wille setzten sich durch und nun steht die neue moderne Halle fertig. Alle modernen Grundsätze sind berücksichtigt, die Halle macht einen Eindruck, der überwältigt.
Die Weihefeier
Die Halle ist festlich geschmückt, am Kopfende die Worte "Arbeit adelt.
Links oben sitzt die Musik und Musikzugführer Herget, rechts der Wildfangsche Werkschor. Die Halle ist dicht besetzt von Gästen und der Gefolgschaft, Männern und Frauen. Mächtige Fahnen sind aufgezogen. Während in der Halle die Musik zur Unterhaltung spielt, steht draußen die Werkschar mit den Fahmen, ferner die Werksjugend. Plötzlich geht eine Bewegung durch die Menschen im Saal. Der Gauleiter Dr. Meyer ist gekommen und wird draußen von dem Betriebsführer Albert Wildfang begrüßt.
Unter dem Fahnenmarsch betritt der Gauleiter die Halle, begleitet von dem Betriebsführer Albert Wildfang, Kreisleiter Scholdra, dem Oberbürgermeister Böhmer, dem Gauobmann der DAF. Schürmann, dem Kreisobmann der DAF. Schlechter und anderer Vertreter der Partei.
Kaum hat sich der Beifall gelegt, der dem Gauleiter galt, betritt der Betriebsobmann Bocknechtdas Podium und meldet dem Betriebsführer, daß
650 Gefolgschaftsmitglieder zum Betriebs- appell angetreten
seien. Der Werkssprechchor trug das Werk "Weiter und Weiter" wirkungsvoll vor. Die Werksmusik unter Musikzugführer Herget erfreute mit einem Musikstück und der Werkschor, ein Männerchor, mit einem Lied.
Der Betriebsführer Albert Wildfang
nahm nunmehr das Wort zu einer herzlichen Begrüßung des Gauleiters. Herr Wildfang konnte auch eine Reihe von Gästen begrüßen aus Partei, Wehrmacht, Wirtschaft, Arbeitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, Geschäftsfreunde, Vertreter aus allen Teilen des Vaterlandes, die nun schon seit Jahren für die Firma tätig sind. Es sei bemerkenswert, daß auch die ersten Kunden des Werkes erschienen seien, die bis heute dem Werk als Abnehmer treu geblieben seien.
Der heutige Tag sei besonders wichtig: der Sprung über die Tannenbergstraße. Mit Dank gedachte der Redner des Entgegenkommens des Oberbürgermeisters, wodurch es möglich war, aus der Enge des früheren Geländes Neuland für den Werksneubau zu erhalten. Die Tannenbergstraße wird nicht mehr trennen, sondern verbinden. Neben der eigentlichen Werksanlage werden später Grünanlagen dafür sorgen, daß das Gesamtbild der Stadt zur Ehre gereicht.
Es war ein schwerer Weg von der Gründung bis zur heutigen Größe. Herzlichsten Dank allen, die daran halfen! Dank dem Architekten Webelsiep und dem Baumeister Dönninghaus. Dank der Gefolgschaft. Anstelle eines Festes wird jedes Gefolgschaftsmitglied ein Abonnement zur Feierabendgemeinschaft von "Kraft durch Freude" erhalten, jedes Mitglied 50 Prozent des Preises.
Aus Anlaß der Weihe des neuen Maschinensaales ernannte Herr Wildfang den Betriebsführer Herr Falkner zu seinem Stellvertreter mit dem Recht der Firmenbezeichnung, Betriebsingenieur Zeiller zum Oberingenieur des Werkes. Besonderer Dank wurde den Herren Eickler und Puspas als Prokuristen: Meister Imberg wurde Obermeister. Die Abteilung des Herrn Fichtner wurde als die beste des Betriebes bezeichnet, in Verhinderung des Oberingenieurs wird dieser von Herrn Fichtner vertreten; Herr Knoppe wurde zum Ingenieurernannt; Herrn Thöne eine weitere Aufstiegsmöglichkeit nach der Ablegung seiner Werkmeisterprüfung in Aussicht gestellt. Zum Schluß wurde das Gefolgschaftsmitglied Meier zum Vorarbeiter ernannt. Die einzelnen Ernennungen wurden mit lautem Dank quittiert.
Sodann ging Gefolgschaftsführer Wildfang auf die Geschichte des Werkes ein. Vor gut zehn Jahren, inmitten tiefster politischer Not, sei er von Handwerker zu Handwerker gezogen, um Maschinen zu verkaufen. Aus elterlichem Besitz sei dann das Werk entstanden. Er habe seinen Lehrerberuf aufgegeben und habe sich in das neue Aufgabengebiet versenkt. In dieser neuen Arbeit habe er ven tiefen Sinn der Gemeinschaft erlebt. Es sei möglich geworden, von Jahr zu Jahr den Fortschritt zu sehen, in jedem Jahre konnte eine neue Halle der Bestimmung übergeben werden. Halten wir nur treue Gemeinschaft, dann folgen wir dem Führer.
Die neue Halle übergebe ich nunmehr der Be- stimmung. Möge sie allen darin Schaffenden zu einer Heimat werden.
Der Gauleiter spricht
Freudig begrüßt, nahm nunmehr Dr. Meyer das Wort. Er freue sich, wieder in der Stadt der tausend Feuer zu sein, in der auch er während zehn Jahre gewirkt habe. Der Betriebsführer habe die neue Halle ihrer Bestimmung übergeben und nun wird darin bald das hohe Lied der Arbeit erklingen und den nationalsozialistischen Glauben mit eiserner Energie erfüllen.
Ein Jahr gewaltiger Erfolge liegt nunmehr hinter dem deutschen Volke. Unsere Wehrmacht errang Sieg auf Sieg und damit unvergänglichen Ruhm. Vor einem Jahre träumte der Pole von der Schlacht vor Berlin und von Kämpfen im Innern des Reiches. Angestachelt von den westlichen Plutokraten glaubte man dort an einen Sieg über Deutschland, mißachtete das Friedensangebot des Führers und das Angebot Mussolinis. Die Folge war, daß in achtzehn Tagen der polnische Staat nicht mehr bestand.
Noch am 6. Oktober 1939 bot Adolf Hitler Frankreich und England die Friedenshand. Auch hier Ablehnung in unsagbarer Verblendung. Dem Griff auf Norwegen und Schweden kam Adolf Hitler durch einen beispiellosen Schlag entgegen. Bis nach Narvik drangen unsere Truppen vor und erfochten Sieg auf Sieg. Und als es sicher war, daß England und Frankreich ihre Truppen an der holländischen und belgischen Grenze massierten, da gab Hitler wieder den Befehl zum Angriff. Der Stoß schob sich tief bis nach Frankreich hinein und gab uns Stätten wie Paris und Versailles in die Hand, die so viel an Demütigungen für Deutschland bedeuten. Und weiter ging der Angriff. bis zur Schweiz, durch die Maginotlinie, bis Frankreich kapitulierte. Noch am 19. Juli 1940 bot der Führer England einen Weg des Friedens an. Dort herrschte die Verblendung.
Der Kampf geht weiter. Allerdings anders, als es sich Churchill ausgemalt hat. England hat wichtige Plätze seines Besitzes in Uebersee aufgeben müssen, es zerfällt, Herr Churchill wird das Ende seines Landes zu verantworten haben. Dr. Meyer ging auf den "Hungerkrieg"“ ein, den nunmehr England auszukosten hätte. Jetzt hämmern Hermann Görings Flieger auf England. Und wenn das Ende da ist, dann wird in Europa ein Friede sein, der der Anfang des Glückes und der Freude sein wird. Es wird vieles anders sein, das Gold wird von seinem hohen Throne gestürzt werden und an seine Stelle die Arbeit die Grundlage der Währung sein.
Wir glauben an Deutschland. Und wenn wir nachts in den Keller müssen, nun dann denkt an die Engländer, die viele Stunden mehr täglich im Keller zubringen müssen, während unsere Flieger dort kreisen. Mit einem packenden Appell: Jeder Hammerschlag für Deutschland, alles für den Führer, schloß Dr. Meyer seine Rede. Brausender Beifall dankte ihm. Albert Wildfang schloß nunmehr den Betriebsappell mit der Ehrung des Führers.
* * *

Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung v. 1. Mai 1941, Abschrift:
Neues Gelsenkirchener Beispiel
Der Schwerpunkt des sozialen Vormarsches naturgemäß in der sorgfältigen Betreuung der Gefolgschaftsmitlieder. Vorbildliche Menschenführung, Menschenbehandlung sind die wesentlichsten Voraussetzungen für den sozialen Frieden innerhalb einer Betriebsgemeinschaft Und so ist es wiederum kein Wunder, daß die in der Gefolgschaftsbetreuung führenden Betriebe auch wirtschaftlich die besten und leistungsfähigsten Werke sind. Auch in Gelsenkirchen, in unserer Stadt der Arbeit, fehlt es nicht an Musterbetrieben, die bereits die Goldene Fahne errungen haben, die sie dieses Jahr erringen oder die sich mit Erfolg in der Zukunft strebend bemüben. Auch mit Gaudiplomen der verschiedensten Art sind schon viele unserer heimischen Betriebe ausgezeichnet worden. Wie umfassend hier auf diesen Gebieten gearbeitet wird, davon bekamen wir einen nachhaltigen Eindruck bei der Besichtigung eines Gelsenkirchener Werkes, das sich in etwa zwei Jahrzehnten von einem kleinen Handwerksbetriebe zu einem achtunggebietenden Großbetrieb emporgearbeitet hat. Wir meinen die Firma Gebr. Seppelfricke, die sich in Fachkreisen längst einen guten Namen weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus erworben hat. Was wir hier geschen haben, ist nicht einmalig. Wir kennen manche Betriebe ähnlicher Art in der näheren und weiteren Umgebung, die sozialpolitisch nicht weniger geleistet haben,— und dennoch ist auch hier wieder in mancher Weise Vorbildliches geleistet worden, zumal wir der Ueberzeugung sein können, daß die aufgewendeten Mittel durch ihre zweckmäßige Anlage in jeder Weise den höchsten Effekt für die Gefolgschaft und die Werksleitung verbürgen.
Quellen:
Zeitungsportal NRW, Abruf 1/2025
Abbildung:
GAZ, 31. März 1939, Foto Müller, Zeitungsportal NRW, Abruf 1/2025
GAZ, 1. Mai 1941, Screenshot, Zeitungsportal NRW, Abruf 1/2025
Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Januar 2025.
|
↑ Seitenanfang
|
|