STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Gustav Sorge

Gustav Sorge

Abb.: SS-Hauptscharführer Gustav Sorge, Lagerleiter des Heereskraftfahrzeugparks Ostland und Spilwe-Lager in Riga und später des Dondangen Komplexes. Zum Zeitpunkt der Aufnahme dieses Fahndungsfotos war Sorge Angeklagter im sowjetischen Sachsenhausen-Prozess, 1947.

Im Jahre 1931 trat Sorge der NSDAP und SS bei. Ab Anfang Oktober 1934 war er Angehöriger mit dem Dienstgrad eines SS-Unterscharführers bei der Wachmannschaft des KZ Esterwegen. Eine weitere Ausbildung im Rahmen der SS erhielt er ab April 1936 auf der Ordensburg Vogelsang und der Führerschule der Sicherheitspolizei in Charlottenburg. Im September 1936 wurde er als Wirtschaftsführer zum SS-Verwaltungshauptamt für den Aufgabenbereich der Bewirtschaftung von Bekleidung versetzt.

An der Besetzung Österreichs nahm er im März 1938 aktiv teil. Danach wurde er im Juni 1938 in das KZ Sachsenhausen als Blockführer eingesetzt. Durch seinen brutalen Einsatz gegenüber den Häftlingen wurde er bald zum Stellvertreter des Rapportführers und des Arbeitsdienstleiters befördert. In dieser Stellung verübte er zahlreiche Morde und Misshandlungen an Häftlingen und sowjetischen Soldaten. Im September 1939 erfolgte seine Beförderung zum SS-Oberscharführer. Der Gefangene Leon Szalet beschreibt die Wutausbrüche Gustav Sorges während des Appells in seinem Bericht 'Kein Friede den Frevlern': "Er pflegte mit einem heisernen Kriegsgeschrei zu uns hereinzustürzen, ein irrsinniges Glimmern in seinen Augen, und während der Geifer durch seinen ausgefransten Mund lief, blindlings nach allen Seiten mit seinen Stangen zu stoßen. Das Schlagen dauerte so lange, bis die Mordwaffen in Splittern und Stücken auf dem Boden verstreut waren. Dann war der Höhepunkt seiner wilden Orgie erreicht u. er tänzelte seelenruhig davon, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen."

Ab Oktober 1941 fungierte er bereits als Rapport- und Arbeitsdienstführer in Personalunion. Als Lagerführer war er von Ende Juni 1942 bis Ende Oktober 1942 im KZ-Außenlager Lichterfelde des KZ Sachsenhausen in Berlin-Lichterfelde tätig. Nach seiner Ablösung als Lagerführer wurde Sorge ab November 1942 beim Zentralarbeitseinsatz in Oranienburg eingesetzt. Anfang 1943 organisierte er kurzzeitig im neu errichteten KZ Herzogenbusch den Arbeitseinsatz. Nach seiner Rückkehr nach Oranienburg erhielt er im Zuge von Untersuchungen bezüglich Missständen in Konzentrationslagern eine dreimonatige Haftstrafe.

Im Sommer 1943 wurde Sorge nach Lettland zum Höheren SS- und Polizeiführer Ostland versetzt und war kurzzeitig im Einsatz gegen Partisanen tätig. Ab Dezember 1943 fungierte er als Lagerleiter des Arbeitslagers Riga-Spilve, einem Außenlager des KZ Riga-Kaiserwald, und des Heereskraftfahrzeugparks Ostland in Riga. Ab Ende Januar 1944 war er als Lagerleiter des Arbeitslagers Dondangen eingesetzt. Die Berlinerin Inge Berner, die dort im KZ interniert war, erinnert sich, dass er ihre Hand verkrüppelte, als sie sich instinktiv nach einer Puderdose bückte, die ein SS-Mann ihr weggenommen hatte.

Gustav Sorge leitete dort später auch die Evakuierung des Lagers im Zuge der näherrückenden Ostfront und organisierte die Häftlingstransporte in das KZ Stutthof. Ab November 1944 war er wieder im KZ Sachsenhausen eingesetzt und stellte die SS-Eisenbahnbaubrigade 12 aus Häftlingen auf. Diese wurde zu Reparaturarbeiten nach Bombenangriffen eingesetzt. Nach einer Verletzung durch einen Luftangriff folgten diverse Lazarettaufenthalte, bis er in einem Lazarett in Regensburg am 28. April 1945 durch die US-Army verhaftet wurde.


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. November 2024.

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