STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


Stolpersteine Gelsenkirchen

← Die Dabeigewesenen - N-R


Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Friederich Walter Regel

Walter Regel

Abb. 1: Friederich Walter Regel in der zweiten Hälfte der Dreißiger Jahre (Rufname u. offizieller Vorname 'Walter'). Auch Polizeiwachtmeister Walter Regel hat sich als einer von vielen "ganz gewöhnlichen deutschen Männern" bereitwillig als Angehöriger einer Mordinstitution am Vernichtungskrieg und Massenmord in Polen und Nordwestrussland beteiligt.

Als Sohn von Gustav Adolf Max Regel und dessen Frau Emma Luise, geb. Leuchtmann, in der Zeit noch selbständigen Landgemeinde Horst-Emscher (Ab 1928 zu Gelsenkirchen) wurde Walter Regel am 27. Juli 1907 geboren.

Walter Regel hatte einen älteren Bruder (Jg.1900) und zwei ältere Schwestern, die Mutter der Kinder starb bereits 1914. Walter Regel hat die Volksschule besucht. Er arbeitete zunächst als Hilfsmaurer und Maschinensteller. Verheiratet war Walter Regel mit seiner Frau Emma, geb. Bielewski seit dem 30. Januar 1930, das Ehepaar Regel hatte zwei Kinder.

Im April 1937 wird Regel durch die 5. kl. Strafkammer in Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zu "25 RM evtl. 5 Tg. Gefgs." verurteilt.

Walter Regel erklärt, das er 'kein Jude' ist

Abb.: Walter Regel bestätigt mit dieser Erklärung, datiert auf den 2. Februar 1939, das er "kein Jude" ist. (Hintergrund: Verordnung über das Erfassungswesen (zum Wehrdienst), § 8: Der Dienstpflichtige soll zur Anmeldung mitbringen: u.a. Nachweise über seine Abstammung. § 10: Jeder Dienstpflichtige hat eine Erklärung darüber abzugeben, daß ihm nach sorgfältiger Prüfung keine Umstände bekannt sind, die die Annahme rechtfertigen, er sei Jude. (RGBl I, S. 205-214)

Übersendung des Strafregisterauszugs

Abb.: Das Wehrbezirkskommando in Gelsenkirchen erhält Walter Regels Strafregisterauszug

Strafregisterauszug von Walter Regel

Abb.: Im Strafregisterauszug von Walter Regel findet sich eine Verurteilung vom 17. April 1937

Wehrstammkarte Walter Regel

Musterung Walter Regel

Abb.: Am 2. Mai 1939 wird Walter Regel als Wehrpflichtiger in Gelsenkirchen gemustert, für "tauglich" befunden und zur Ersatzreserve I eingeteilt, er befand sich damit zunächst im "Beurlaubtenstande".

Im Oktober 1939 wird Regel als "Zugang" bei der Polizei-Verwaltung Gladbeck verzeichnet, Vermerk "VPS-Mann". Zum VPS (Verstärkter Polizeischutz) wurden Männer aus allen Berufsgruppen herangezogen und in einer verkürzten Ausbildung für den Polizeidienst vorbereitet.

Dies waren meistens ältere Männer, die nicht mehr zu den Jahrgängen gehörten, welche zur Wehrmacht eingezogen wurden. Dies war insbesondere zu Beginn des Krieges wichtig, da reguläre Polizisten zur Wehrmacht (Feldgendarmerie) eingezogen wurden, oder in einem Pol.-Batl. in der sogenannten "Auswärtigen Verwendung" eingesetzt wurden. Die dann vom "Verstärkten-Polizei-Schutz" in "Polizei-Reserve" umbenannten Polizisten waren somit die "Lückenfüller" in der Heimat. Es handelte sich nicht um Hilfspolizisten, sondern sie galten als reguläre Polizisten mit den gleichen Dienstgraden. Dieser VPS wurde als geschlossene Einheit aufgestellt (Hundertschaft) und z.B. zu Objektschutzaufgaben herangezogen, aber auch zur Verstärkung des polizeilichen Einzeldienstes auf die Reviere verteilt. Ab 1939 wurden aus diesen Kräftereserven die Reserve-Polizeibatallione aufgestellt.

Zugang Walter Regel, Polizei-Verwaltung, Gladbeck

Abb.: Hier wird als Dienstgrad noch "Schütze" (Soldat) angegeben.

Einberufung Walter Regel zur Polizei-Reseve Gladbeck

Abb.: Walter Regels Dienststelle bei der Schutzpolizei Bottrop beantragt die UK-Stellung. (Die Unabkömmlichstellung (UK) ist die befristete oder widerrufliche Freistellung von der Ableistung des Wehrdienstes.)

Walter Regel

Abb.: Verwendungskarte, Vermerk 21. Juli 1942 "Pol.Res."

Walter Regel verichtete zu diesem Zeitpunkt seinen Dienst beim Schutzpolizei-Abschnittskommando IV in Bottrop und wohnte Knickmannstraße 33 in Gladbeck. Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges wird Regel am 1. September 1939 zur Polizei-Reserve Gladbeck einberufen. Das Polizeibatallion 61 wurde im Juni 1940 zur Auffüllung und Ausbildung ins Ruhrgebiet zurückverlegt. Die Kompanien kamen nach Dortmund, Bochum und Buer-Resse. Viele neue Männer, vor allem Reservisten wurden dem Batallion zugeteilt. In der Heimat wurde das Polizeibatallion 61 im Luftschutz eingesetzt. Im Sommer 1941 wurde Walter Regel zum Polizeibataillion 61 abgeordnet. Ende 1941 rückte das Polizeibatallion 61 zu seinem zweiten Einsatz nach Osten aus, wieder ging es nach Polen. Auch Walter Regel beteiligte sich an Massenvernichtung u. Vertreibung in Osteuropa.

Walter Regel befand sich ab 25. Oktober 1942 im Kriegslazarett 917 in Pleskau, vermerkt ist eine "Herzerkrankung", unter gleichem Datum ist auch seine Ernennung zum Polizeiwachtmeister festgehalten. Am 30. Oktober 1942 wird er als "Dienstfähig" zur Truppe entlassen. Am 17. Januar 1944 ist der Wachtmeister der Schutzpolizei der Reserve bei bei Starizy/Russland gefallen, nähere Todesumstände sind nicht bekannt.


Reserve-Polizeibatallion 61, ausführlich in : Winfried Nachtwei, Die Verwicklung von Polizeibataillonen aus dem Rheinland und Westfalen in den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg >> Ganz normale Männer

Quelle: Die hier gezeigten Dokumente wurden mit freundlicher Genehmigung von einem Enkel Walter Regels zur Verfügung gestellt.

Literatur:
Stefan Klemp, Freispruch für das "Mord-Batallion": Die NS-Ordnungspolizei und die Nachkriegsjustiz
Stefan Klemp - Nicht ermittelt: Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz.


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. August 2017.

↑ Seitenanfang