STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

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HIER WOHNTE

Verlegeort ELFRIEDE WOLLENBERG

GEB. SILBERBERG
JG. 1873
DEPORTIERT 1942
ERMORDET 1942
IM GHETTO WARSCHAU

HIER WOHNTE

Verlegeort ISIDOR WOLLENBERG

JG. 1873
DEPORTIERT 1942
ERMORDET 1942
IM GHETTO WARSCHAU

Verlegeort: Von-Der-Recke-Straße 6, Gelsenkirchen

Das Bekleidungsgeschäft von Isidor Wollenberg an der Bahnhofstraße 36, um 1917

Abb.1: Das Bekleidungsgeschäft von Isidor Wollenberg an der Bahnhofstraße 36, um 1917

Isidor Wollenberg wurde am 7. Januar 1873 in Ossiek geboren. Er war verheiratet mit Elfriede Silberberg, geboren am 21. März 1873 in Ergste. Isidor Wollenberg besaß ein Konfektionsgeschäft an der Bahnhofstrasse 36. Das Ehepaar Wollenberg wohnte in der Gelsenkirchener Altstadt.

Gedenkstein für die Familie Wollenberg auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf

Abb.: Gedenkstein für die Familie Wollenberg auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf

Im August 2009 trat ein Zeitzeuge, Herr S. aus Hassel, an den Arbeitskreis Stolpersteine heran und bat um Informationen über das Schicksal von Isidor Wollenberg. In einem Interview berichtete der alte Herr, dass er seinerzeit Stammkunde bei Wollenbergs gewesen sei und das ihn ein freundschaftliches Verhältnis mit Isidor Wollenberg verbunden habe. Man habe auch über die anstehende Deportation und die Verfolgung und Diskriminierung der jüdischen Menschen im Alltag des so genannten "Dritten Reiches" gesprochen. Noch kurz vor der Deportation am 31. März 1942 habe Isidor Wollenberg ihm seine goldene Uhr mit den Worten geschenkt: "Nimm du die Uhr, da wo wir hinkommen, werde ich sie nicht mehr brauchen". Herr S. sagte uns, er habe nie mehr was von Isidor gehört, die Uhr habe er noch heute. Er sei jedoch seit damals davon ausgegangen, das die Nazis die Eheleute ermordet haben. Nach unseren Recherchen konnten wir seine Vermutung nur bestätigen. Isidor und Elfriede Wollenberg sind am 31. März 1942 mit dem zweiten Deportationstransport aus Gelsenkirchen zusammen mit weiteren 50 Juden in das Ghetto Warschau verschleppt worden. Dort wurden beide im Ablauf des Jahres 1942 von den Nazis ermordet.

Bevor die Menschen in den Da6 stiegen wurden sie durchsucht. Auszug aus der LIste, die in Hannover erstellt wurde. Die Vorgehensweise in Hannover läßt sich auch auf Gelsenkirchen übertragen

Abb.: Bevor die Menschen in den "Da 6" steigen mußten, wurden sie durchsucht. Auszug aus der Liste, die in Hannover erstellt wurde. Die Vorgehensweise in Hannover läßt sich auch auf Gelsenkirchen übertragen.

Die Betroffenen wurden durch die Gestapo ca. vier bis sieben Tage vor der Deportation benachrichtigt. Sie erhielten Informationen über den genauen Ablauf und mussten eine Vermögenserklärung ausfüllen. Jeder "abzuschiebende" Jude durfte ein bis zu 50 Kilo schweres Gepäckstück mitnehmen, dazu vollständige Bekleidung, Bettzeug, Verpflegung für drei Tage sowie ein Essgeschirr.

Jeder sollte sein bewegliches Eigentum wie Bargeld, Wertpapiere, Sparkassenbücher und Schmuck bei sich tragen. Dies wurde ihm bei der Durchsuchung des Gepäcks und der Leibesvisitation abgenommen. Sonstiges Vermögen wurde beschlagnahmt und eingezogen. Gemäß einer Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom November 1941 fiel nämlich das Vermögen eines Juden, der seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" im Ausland nahm - darunter fielen auch die Deporationen - an die Finanzbehörden des Deutschen Reiches.

Der Transport wurde von den NS-Verfolgungsbehörden auf den 31. März 1942 festgelegt. Der Zug "Da 6" wurde an diesem Tag in Gelsenkirchen eingesetzt. Laut Fahrplan verließ der Deportationszug um 12:12 Uhr Gelsenkirchen. Mit 400 weiteren Juden aus Münster traf der Zug um 18.15 Uhr in Hannover, Bahnhof Fischerhof (heute Bahnhof Hannover-Linden) ein, nahm dort ca. 500 Menschen auf und fuhr nach Braunschweig weiter. Dort weitere weitere 116 Juden in den Zug gezwungen, der dann mit seiner Menschen-fracht weiter in das Ghetto Warschau fuhr. Der "Da 6" erreichte am 1. April morgens die polnische Hauptstadt.

Es ist davon auszugehen, daß ein großer Teil der Gruppe aus dem "Da 6" - darunter sämtliche Kinder - in die Deportationswelle vom Sommer 1942 geriet: seit Ende August rollten die Züge mit etwa 300.000 Menschen aus Warschau in das neu errichtete Vernichtungslager Treblinka.

Quellen
Abb.1: Ausschnitt aus einer Ansichtskarte aus den Sammlungen Volker Bruckmann/Karlheinz Weichelt, mit freundlicher Genehmigung.

→ Fotostrecke von der Verlegung der STOLPERSTEINE an der Von-Der-Recke-Strasse 6


Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. April 2011

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