STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN
Ausgrenzung erinnern
HIER WOHNTE
CARL POSNER
JG. 1890
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 1942
|
HIER WOHNTE
LOTTE POSNER
JG. 1930
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 1944
STUTTHOF
|
HIER WOHNTE
ELLA POSNER
GEB. STESSMANN
JG. 1901
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 1944
STUTTHOF
|
Verlegeort: Arminstraße 1 (In Anlehnung an die alte Bebauung Höhe Kurt-Neuwald-Platz), Gelsenkirchen
Der Viehhändler Carl Posner wurde am 27. Juni 1890 in Gelsenkirchen geboren. Seine Frau Ella, geb. Stessmann, stammte aus Medebach, wo sie am 8. September 1901 geboren wurde. Die gemeinsame Tochter Lotte wurde am 26. Februar 1930 in Gelsenkirchen geboren.
Abb. 1: Grabstein der Eltern von Carl Posner auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf (Auf dem Grabstein ist der Vorname "Bernhard" genannt)
Carl war ein Sohn von Benjamin Posner, der aus Norden stammte, wo er am 1. September 1864 geboren war. Auch Benjamin Posner arbeitete als Viehhändler und kam offenbar 1916 mit seiner Familie nach Gelsenkirchen. Benjamin Posner starb am 2. März 1940 in Gelsenkircher und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf beerdigt. Benjamin Posners Frau war eine geborene Mendel, sie stammte aus Linnich im Kreis Jülich und wurde dort am 1. Juni 1860 geboren. Sie starb bereits vor ihrem Mann am 12. September 1933 und wurde ebenfalls auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf beerdigt.
Abb. 2: Grabstein von Curt Posner auf dem jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Bulmke, Wanner Straße
Neben einem frühzeitig gestorbenen Kind hatten Benjamin und Sophie Posner neben dem Sohn Carl einen weiteren Sohn namens Curt, der am 16. März 1894 geboren wurde. Curt starb am 5. Dezember 1917, auf seinem Grabstein heißt es u.a. : "..an den Folgen die er sich im Kriege zugezogen hatte." Weiterhin hatte das Ehepaar eine Tochter mit Namen Carola, ihr Lebens- bzw. Leidensweg ist derzeit nicht bekannt.
Familie Posner lebte in einer Wohnung an der Arminstraße 1, bis sie von den Verfolgungsbehörden Ende September 1939 zum Umzug in eines der so geannten Gelsenkirchener "Judenhäuser" an der Ringstraße 54 gezwungen wurden. Die Menschen mußten dort bis zu ihrer Deportation unter menschenunwürdigen Bedingungen auf engstem Raum leben.
Abb. 3: Randvermerke des Standesamts Gelsenkirchen auf der Geburtsurkunde von Carl Posner: Der von den Nazis angeordnete Zwangsvorname "Israel" wird gelöscht
Die Familie Carl Posner wurde am 27. Januar 1942 von Gelsenkirchen in das Ghetto Riga deportiert. Dort wurde Carl Posner von den Nazis nach den Schilderungen von Überlebenden vermutlich im Februar/März 1942 bei einer der so genannten "Aktionen" (Selektionen) ermordet. Bei den Selektionen wurden im Konzentrationslager Jungfernhof als auch im Ghetto Riga allein in diesen beiden Monaten annähernd 3000 Häftlinge, darunter vorwiegend Kranke, Kinder unter 14 Jahren mit ihren Müttern und Häftlinge über 45 Jahren als "arbeitsunfähig" erklärt - das sichere Todesurteil.
Unter dem Vorwand, die Menschen in eine Fischkonservenfabrik nach Dünamünde zu bringen, wo es für sie angeblich leichtere Arbeitsbedingungen gäbe, transportierte man die von der SS zur Ermordung bestimmten zu den bereits ausgehobenen Massengräbern im Wald von Bikernieki (Hochwald von Riga), um sie dort zu erschießen. Ella und Lotte Posner wurden von Riga weiter in das KZ Stutthof verschleppt und dort im Dezember 1944 ermordet. Familie Posner wurde laut einem Beschluss des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 17. Januar 1953 für tot erklärt, amtlich festgesetzter Zeitpunkt des Todes: 31.12.1945.
|
Fotos sind einzige Lebensspuren
Helene Jaschinski, die Großmutter von Sabine Donat, war mit der Familie Posner befreundet. Sie hat die Familie in dem "Judenhaus" an der Ringstraße Nr. 54 regelmäßig mit Lebensmitteln unterstützt. Sabine Donat erzählt: "Durch eine im Erdgeschoß des Nebenhauses gelegene Schneiderei gelangte meine Großmutter in das Haus. Die Inhaberin der Schneiderei ließ sich ihr Schweigen mit Lebensmitteln bezahlen. Auf dem Speicher des Hauses waren in der die Häuser trennenden Giebelwand einige Ziegel lose. Wenn man die heraus nahm, gelangte man in das "Judenhaus" und konnte die Lebensmittel übergeben. Wäre meine Oma erwischt worden - sie wäre im KZ gelandet."
Zwei alte Fotos hat Helene Jaschinski damals kurz nach der Deportation der Familie Posner aus deren Wohnung retten können. Ein Hochzeitsfoto von Carl und Ella Posner und eines, auf dem Lotte Posner mit zwei anderen Kindern zu sehen ist. "Kurz nach dem Krieg kam ein junger Mann zu meiner Oma und sagte ihr, dass Familie Posner von den Nazis ermordet worden ist. Oma hat in ihrer Aufregung damals nicht nach seinem Namen gefragt" erzählt Sabine Donat, "Die Fotos von Familie Posner hat Oma all die Jahre aufgehoben. Nach ihrem Tod sind sie dann in meine Hände gelangt. Vor vielen Jahren habe ich begonnen, nach Angehörigen der Familie Posner zu suchen, wollte die Fotos übergeben - leider bisher erfolglos. Diese Erinnerungsstücke wären doch in der Familie am besten aufgehoben."
Abb. 4: Hochzeitsfoto von Carl Posner und Ella, geb. Stessmann
Abb. 5: Lotte Posner, links
Angehörige gesucht
Die Projektgruppe Stolpersteine Gelsenkirchen sucht nun nach Angehörigen der weitverzweigten Familie Posner, erste Spuren weisen von Gelsenkirchen nach Kanada (Hans Posner) und in die USA/New Mexico (Sigmund Posner, Erna Wislawa Posner, Helmut Paul Posner, Herbert Posner und Hannelore Boyd, geborene Posner). Informationen bitte per Email an: Projektgruppe Stolpersteine Gelsenkirchen
Das Ehepaar Alfons und Sabine Donat haben die Patenschaften für die Stolpersteine, die der Familie Posner gewidmet werden, übernommen.
Quellen
Einwohnermeldekartei, Stadtarchiv Gelsenkirchen - Institut für Stadtgeschichte (ISG)
Gedenkbuch BA: Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945
Abb. 1 u.2: Gelsenzentrum e.V.
Abb. 3: Stadtarchiv Gelsenkirchen
Abb. 4 u.5: Familie Donat
Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Februar 2012
Stolpersteine für Familie Posner, verlegt am 8. Oktober 2012
Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Oktober 2012
|
↑ Seitenanfang
|
|