STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Ausgrenzung erinnern


Stolpersteine Gelsenkirchen

← STOLPERSTEINE Gelsenkirchen

HIER WOHNTE

Verlegeort ELLA ALEXANDER

GEB. LOSZINSKY
JG. 1888
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
7.12.1938

HIER WOHNTE

Verlegeort GEORG ALEXANDER

JG. 1884
VERHAFTET 22.6.1938
SACHSENHAUSEN
ENTLASSEN 27.1.1939
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET

HIER WOHNTE

Verlegeort ERNST ALEXANDER

JG. 1914
FLUCHT 1938
HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
AUSCHWITZ
ERMORDET 30.8.1942

HIER WOHNTE

Verlegeort JOHANNA ALEXANDER

JG. 1923
FLUCHT 1939
HOLLAND
INTERNIERT WESTERBORK
DEPORTIERT 1944
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
BEFREIT / ÜBERLEBT

HIER WOHNTE

Verlegeort ALFRED ALEXANDER

JG. 1921
FLUCHT 1939
HOLLAND
VERHAFTET / DEPORTIERT
MAUTHAUSEN
ERMORDET 3.2.1942

Verlegeort: Ringstraße 54, Gelsenkirchen

Georg Alexander, geboren am 29. August 1884 in Tremessen/Posen, war mit Ella, geborene Loszinsky, geboren am 7. Mai 1888 in Hohensalza verheiratet. Das Ehepaar hatte drei in Gelsenkirchen geborene Kinder, den am 5. Februar 1914 in Gelsenkirchen geborenen Ernst, den am 10. Februar 1921 geborenen Alfred und die am 23. Februar 1923 geborene Johanna. Georg Alexander betrieb ein Lebensmittelgeschäft, in dem auch Sohn Ernst nach seiner Ausbildung arbeitete. Das Geschäft wurde 1928 aufgegeben, Ernst fand jedoch schon bald eine neue Anstellung im Kaufhaus Carsch. Um 1930 wohnte die Famlie an der König-Wilhelm-Straße 69, im Adressbuch von 1934 ist dann als Wohnanschrift Ringstraße 54 genannt.

Herren- und Knabenbekleidung Gustav Carsch u. Co. an der Gelsenkirchener Bahnhofstrasse. Seite einer Werbeschrift von 1933

Abb. 1: Seite einer Werbeschrift aus dem Jahr 1933. Die weitverzweigte Familie Alexander war auf vielfältige Weise mit der 1873 gegründeten Firma Gustav Carsch & Co. verbunden.

Ernst Alexander aus Gelsenkirchen. Registrierung in Westerbork

Ernst Alexander war einer der jüdischen Fußballspieler beim FC Schalke 04. In den frühen Dreißiger Jahren spielte er in einer der Jugendmannschaften des Vereins.[1]

Als der Deutscher Fußball Bund (DFB) im April 1933 den Ausschluss von Juden als aus den Vereinen beschloss, "verabschiedete" der FC Schalke 04 ganz im Sinne der neuen Machthaber seine "nicht-arischen" Funktionsträger, 1935 wurden dann auch die letzten jüdischen Mitglieder und Spieler aus der Vereinsfamilie ausgeschlossen, sofern sie ihn bis dahin nicht bereits "freiwillig" verlassen hatten. So wurde auch Ernst Alexander aus dem Verein Schalke 04 gedrängt, nur weil er Jude war. Auch die Familie Georg Alexander war nach der Machtübergabe an die Nazis der Ausgrenzung und vielfältiger Verfolgung durch das NS-Regime und die deutsche Mehrheitsbevölkerung, die sich seit 1933 in schnellen Tempo zu einer radikalen Ausgrenzungsgesellschaft entwickelte, ausgesetzt. Die Absicht, nach Shanghai auszuwandern, konnte die Familie nicht mehr rechtzeitig realisieren.[2]

Abb.2: Karteikarte Westerbork, Trspt. 15.7.42 (Transport)

Alfred Alexander
Abb. 3: Alfred Alexander, um 1940

Georg Alexander wurde am 15. Juni 1938 verhaftet und zunächst im Polizeigefängnis Gelsenkirchen eingesperrt.[3] Von dort wurde er in das KZ Sachsenhausen gebracht. Während sich der Vater in KZ-Haft befand, erlebte die Familie Alexander in Gelsenkirchen die so genannte "Kristallnacht" am 9. November 1938 in ihrer ganzen Brutalität.

Mutter Ella Alexander, die Rosa genannt wurde, wählte vor dem Hintergrund des sich ständig steigernden Verfolgungsdrucks und den Erlebnissen in der Pogromnacht am 7. Dezember 1938 die Flucht in den Tod. Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Gelsenkirchen-Ückendorf bestattet.[4]

Am 27. Dezember 1938 wurde Georg Alexander aus der KZ-Haft entlassen. In der Folgezeit musste er - wie viele andere der Gelsenkirchener Juden - Zwangsarbeit leisten, so war er beim Kanalbau eingesetzt.[5] Schließlich wurde er mit hunderten anderen jüdischen Menschen am 27. Januar 1942 mit dem ersten großen Deportationstransport aus Gelsenkirchen in das Ghetto Riga verschleppt. Dort starb Georg Alexander unter nicht bekannten Umständen.


Johanna Brechner, geb. Alexander nach der Befreiung Abb. 4: Johanna Brechner, geb. Alexander nach der Befreiung

Ernst Alexander, unter dem Eindruck der Verfolgungsmaßnahmen gegen die Juden und dem daraus resultierenden Suizid seiner Mutter stehend, floh Ende 1938 in die Niederlande.

Zunächst in verschieden Flüchtlingslagern lebend, wurde Ernst nach der Besetzung der Niederlande von den Nazis verhaftet und im Lager Westerbork interniert. [6] Westerbork diente den deutschen Verfolgungsbehörden als so genanntes "Durchgangs- und Sammellager" für niederländische und sich in den Niederlanden aufhaltende deutsche Juden. Dort wurden die Menschen eingepfercht und dann weiter in die Vernichtungslager verschleppt. Am 28. August 1942 wurde Ernst Alexander von Westerbork nach Auschwitz deportiert und dort kurz nach der Ankunft [7] ermordet.


Alfred Alexander aus Gelsenkirchen wurde im KZ Mauthausen ermordet Abb. 5: Alfred Alexander wurde im KZ Mauthausen ermordet

Alfred Alexander, der am 16. Februar 1939 in die Niederlande geflohen war, starb am 3. Februar 1942 im KZ Mauthausen.[8]

Johanna Alexander floh ebenfalls wie ihre Brüder Ernst und Alfred nach Holland. Sie lebte zuletzt in Amsterdam, wurde unter der deutschen Besatzung verhaftet und am 20. Juni 1943 im "polizeilichen Judendurchgangslager Kamp Westerbork" registriert. Ihr Leidensweg führte am 26. Februar 1944 weiter nach Theresienstadt und von dort am 16. Mai 1944 nach Auschwitz. [9] Johanna erlebte die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 und kehrte zunächst vorrübergehend in ihre Geburtsstadt Gelsenkirchen zurück.

Karteikarte 'Judenrat', Johanna Alexander, Amsterdam

Abb. 6: Johanna Alexander, Karteikarte des "Judenrat Amsterdam" (niederländisch Joodsche Raad voor Amsterdam, eine Einrichtung der deutschen Besatzungsmacht zwischen Februar 1941 und September 1943). Handschriftlich nach Mai 1945 vermerkt: "Bevrijdt!" (Befreit).

Quellen: [1] Stefan Goch & Nobert Silberbach: Zwischen Blau und Weiß liegt Grau, Jüdische Mitglieder und Unterstützer, S. 235-236. Klartext Essen 2005
[2] ebd.
[3] ebd.
[4] ebd.
[5] ebd.
[6] Gedenkbuch Bundesarchiv
[7] Gedenkbuch Bundesarchiv
[8] Gedenkbuch Bundesarchiv
[9] www.holocaust.cz ; Transport XXIV/4, c. 22 (26.02.1944 Westerbork -> Terezín), Transport Ea, c. 2247 (16.05.1944 Terezín -> Osvetim) Abruf Januar 2013
Listenmaterial der Jüdischen Kultusgemeinde vom 4.6.1946, betr. Deportationen in Andrea Niewerth, "Gelsenkirchener Juden im Nationalsozialismus", S. 357-392, Klartext Essen 2001
www.ancestry.com
www.joodsmonument.nl

Abb.1: Privatbesitz Familie Kurt Alexander, mit freundlicher Genehmigung
Abb.2: Arolsen Archives
Abb.3: Nederlandse Nationaal Archief, Jusitiearchief 2.09.45, inv 490
Abb.4: WGM-Akte, Institut für Stadtgeschichte (ISG), Gelsenkirchen (Foto-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Familie)
Abb.5: Arolsen Archives
Abb.6: Arolsen Archives, 1.2.4.2 Karteikarten aus der Kartothek des Judenrats in Amsterdam

Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Januar 2013

Stolpersteine für Georg, Ella, Ernst, Johanna und Alfred Alexander, verlegt am 12. Dezember 2014

Stolpersteine Gelsenkirchen - Georg, Ella, Ernst, Johanna und Alfred Alexander Stolpersteine Gelsenkirchen - Georg, Ella, Ernst, Johanna und Alfred Alexander Stolpersteine Gelsenkirchen - Georg, Ella, Ernst, Johanna und Alfred Alexander

Stolpersteine Gelsenkirchen - Georg, Ella, Ernst, Johanna und Alfred Alexander


Biografische Zusammenstellung: Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. Editiert Dez. 2014

↑ Seitenanfang