STOLPERSTEINE GELSENKIRCHEN

Die Dabeigewesenen - Gelsenkirchen 1933–1945


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Von NS-Täter/innen, Profiteuren, Denunziant/innen, Schweigenden und Zuschauer/innen

Adolf Wilp

Verleihungsurkunde 'Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern' für den Wachtmeister der Schutzpolizei der Reserve Adolf Wilp Gelsenkirchen

Abb.: Verleihungsurkunde "Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern" für den Wachtmeister der Schutzpolizei der Reserve Adolf Wilp Gelsenkirchen. Diese "Auszeichnung" hat Adolf Wilp als Angehöriger des Polizeibatallions 65 erhalten. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass Adolf Wilp nicht an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war.

Grundsätzlich hielt man im »Dritten Reich« daran fest, das Eiserne Kreuz nur für »Tapferkeit vor dem Feinde« in Kampfeinsätzen zu verleihen. Doch der Feind, das waren eben auch »der Jude«, »der Bolschewist«, der »slawische Untermensch« und so weiter. Die meisten Massenmorde wurden jedoch nicht mit dem Eisernen Kreuz honoriert, sondern mit dem neu geschaffenen Kriegsverdienstkreuz.

Schon 1941 häuften sich die Ordensvorschläge von SS- und Polizeidienststellen, die mit Leistungen im »Vorgehen« gegen Polen und Juden begründet wurden. Von 1942 an, dem entscheidenden Jahr der »Endlösung«, regnete es dann Verdienstkreuze auf die Massenmörder herab.

Offen war die Rede vom »schweren Einsatz« bei der »Judenumsiedlung«, von der Beteiligung an der »Judenendlösungsaktion« und anderem mehr. Wer in den besetzten Gebieten mordete, erhielt das Verdienstkreuz mit Schwertern, die Schreibtischtäter im Reich mussten auf die Schwerter verzichten. Das Führungspersonal der Konzentrationslager wurde ebenfalls reihenweise mit Kriegsverdienstkreuzen bedacht. Da viele der KZ-Funktionäre jedoch zeitweise auch bei der Waffen-SS an der Front eingesetzt waren, konnten sie zusätzlich auf ein Eisernes Kreuz hoffen.

Zitat aus: Dieter Pohl, "Orden für den Massenmord", DIE ZEIT, 2008

Das Polizeibataillon 65 verband zwei Hauptschauplätze des Holocaust, die Sowjetunion und das Generalgouvernement. Nach seinem mörderischen Vormarsch durch den Norden der Sowjetunion 1941 wartete im folgenden Jahr eine gefährlichere Aufgabe als die Ermordung von Zivilisten auf das Polizeibataillon 65: Im Januar 1942 stießen die meisten seiner Mitglieder zur Wehrmachtsgruppe „Scheerer“, die in erbitterte Kämpfe bei Cholm an der nördlichen Rußlandfront verwickelt war.

Cholm lag fast 200 Kilometer südöstlich des Bataillonshauptquartiers in Luga. Das Bataillon nahm über drei Monate an diesen Kämpfen, an heftigen Gefechten mit der sowjetischen Armee teil. Eine Zeitlang war das ganze Bataillon von den Sowjets vollständig eingekreist. Die Truppe erlitt äußerst schwere Verluste und wurde hinter die Frontlinie zurückgezogen, nachdem sie von anderen deutschen Kräften Anfang Mai aus dem sowjetischen Kessel befreit worden war. In Anerkennung seiner Leistungen bei dieser Schlacht hieß das Bataillon fortan Polizeibataillon 65 „Cholm“, die Überlebenden Frontkämpfer erhielten den „Cholm-Schild“. Derart intensive Kampferfahrungen waren für die am Holocaust beteiligten Polizeibataillone nicht die Regel. Anfang Juni wurde das erschöpfte Bataillon von Luga nach Brunowicze in der Nähe von Krakau verlegt. Die Schlachtteilnehmer erhielten Heimaturlaub, anschließend reiste diese Gruppe zur Erholung und Skiausbildung nach Zakopane an der Südgrenze Polens. Insgesamt dauerte dieser Fronturlaub etwa 8 Wochen. Während sich die kampferprobten Männer erholten, wurden die neuen Rekruten, mit denen das Batailon annähernd auf Sollstärke gebracht wurde, in Brunowicze ausgebildet.

Zwischen Juni 1942 und Mai 1943 unternahm das Bataillon seinen zweiten und umfangreicheren Einsatz im Auftrag des Völkermordes. Diesmal trug es zunächst in der Region Krakau und dann in der Umgebung von Lublin zur Ermordung polnischer Juden bei. In dieser Zeit sorgte das Polizeibataillon 65 dafür, daß die Verbrennungöfen von Auschwitz und Belzec Tag und Nacht brannten.

Zitat aus „Hitlers willige Vollstrecker“ von Daniel Jonah Goldhagen, München 2000

Urkunde: Privat


Andreas Jordan, Projektgruppe STOLPERSTEINE Gelsenkirchen. April 2019.

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